REIF - Resource-efficient, Economic and Intelligent Foodchain

Lebensmittelverschwendung mit KI nachhaltig reduzieren

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Die Verschwendung von Lebensmitteln in der Nahrungsmittelindustrie beruht im Kern auf zwei Problemen: Es wird zu viel produziert und die Qualität der Rohstoffe schwankt zu stark. Deswegen werden viele Produkte vernichtet, oft noch bevor sie in den Handel gelangen. Im Projekt REIF wird eine Plattform entwickelt, die den Daten- und Informationsaustausch in der Lebensmittelindustrie über alle Wertschöpfungsstufen hinweg optimiert. KI-basierte Dienste und einzelne Applikationen ermöglichen bessere Prognosen der Konsumenten-Nachfrage und eine schnellere Anpassung von Produktionsprozessen, so dass die Lebensmittelverschwendung deutlich reduziert wird.

Partner

Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg - University of Applied Sciences (Konsortialführer), ARXUM GmbH, BayWa IT GmbH, Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production gGmbH, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung eingetragener Verein, Hochland Deutschland GmbH, GS1 Germany GmbH, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof, Industrial Analytics Berlin IAB GmbH, Inotec GmbH, Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, Kuchenmeister GmbH, Software Aktiengesellschaft, Spicetech GmbH, Technologisches Institut für angewandte Künstliche Intelligenz GmbH, tegut... gute Lebensmittel GmbH & Co. KG, Technische Universität München, Westfleisch SCE mit beschränkter Haftung

Herausforderung

In Deutschland werden jedes Jahr mehrere Millionen Tonnen an Lebensmitteln vernichtet, der überwiegende Teil sogar bereits während der Herstellung. Nachfrageschwankungen bei den Kundinnen und Kunden führen  dazu, dass von der Industrie immer größere Mengen produziert, als am Ende verkauft werden, weil sich die Lieferkette „aufschaukelt“ (sogenannter Bullwhip Effekt). Gleichzeitig schwankt die Qualität der genutzten Rohstoffe wie beispielsweise von Milch oder Getreide, und Produktionsverfahren sind nicht immer optimal eingestellt. Dadurch wird viel Ausschuss produziert. Den Unternehmen entstehen so nicht nur wirtschaftliche Verluste, sondern auch Umwelt und Klima werden unnötigerweise belastet. Insbesondere im Bereich der leicht verderblichen Produkte, welche den größten Anteil der Lebensmittelverschwendung ausmachen, fehlt bislang eine durchgehend digital vernetzte Wertschöpfungskette von der Erzeugung über die Verarbeitung bis hin zum Verbraucher. Sie ist die Grundlage dafür, dass mit Hilfe von KI-Methoden die Lebensmittelverschwendung deutlich reduziert werden kann.

Umsetzung

Das Ziel des REIF-Ökosystems folgt auch in technischer Hinsicht dem Zweiklang aus Minimierung von Überproduktion und Vermeidung von Ausschuss. Zum einen soll durch den verbesserten Daten- und Informationsaustausch entlang der Wertschöpfungskette mit Hilfe von KI die Nachfrage der Konsumenten genauer prognostiziert werden. Zum anderen werden durch KI die Produktionsplanungen, -anlagen sowie -verfahren dazu befähigt, kurzfristig sowohl auf die schwankende Nachfrage als auch auf unterschiedliche Rohstoffqualitäten reagieren zu können.

In den einzelnen Teilprojekten werden KI-Methoden, zum Beispiel aus dem Bereich Reinforcement Learning zur Lösung komplexer Steuerungsprobleme, von IT-Dienstleistern erprobt und weiterentwickelt. Mit diesen KI-Methoden sollen an unterschiedlichen Stellen der Wertschöpfungskette Verbesserungen erzielt werden, etwa durch zuverlässigere und bedarfsgerechtere Produktionsprozesse und verlustsenkende Verkaufsstrategien. Die so verbesserten bzw. neu entwickelten KI-Dienste können von den Akteuren der Nahrungsmittelproduktion und -bereitstellung über die REIF-Plattform als Marktplatz bezogen werden. Die Plattform dient gleichzeitig als Netzwerk zur Weiterentwicklung bestehender Anwendungen, die dann auch von anderen Branchen verwendet werden können.

Im Rahmen des Projekts wurde bisher, unteranderem, das Konzept der REIF-Plattform mit allen Partnern abgestimmt. Des Weiteren wurden die sich erst im Projektverlauf ergeben Implikationen aus dem Data Governance Act und dem Data Act mit einbezogen und ein finalisiertes Konzept sowie ein allgemeines Verständnis für die Plattform und ihre Funktionsweise erarbeitet.  Die REIF-Plattform wird als Marktplatz für den Vertrieb bzw. Bezug von (KI-)Services dienen. In diesem Kontext stellt sie einheitliche Schnittstellen zur Anbindung der KI-Services bereit. Aufbauen auf diesem Konzept können die verschiedenen Anwendungsfälle im weiteren Projektverlauf integriert werden. Über die Konzeption der Plattform hinaus sind in den Anwendungsfällen die Ist-Zustände analysiert, Optimierungsansätze definiert und erste Lösungen erarbeitet, sowie teilweise in den Wertschöpfungsprozess integriert worden. Zu diesen ersten Lösungen zählen z. B. die Bedarfsprognose als Teil der verschwendungsminimierenden Beschaffungs- und Verkaufsstrategie sowie der Einsatz eines KI-Modells zur Vorhersage von Maschinenstillständen und damit verbunden der Entstehung von Ausschuss in der Molkereiindustrie. Weiter wurden KI-Modelle zur ressourcenschonenderen Planung von Produktionsprozessen, zur Vorhersage von Mindesthaltbarkeiten anhand von In-Line-erhobenen Messdaten (beides Fleischindustrie) sowie zur Reduzierung von Ausschuss bei Anfahrprozessen in der Backindustrie entwickelt und integriert.

Anwendung und Nutzen

Die REIF-Plattform soll vor allem in den Branchen Molkerei, Fleisch und Backwaren das große Optimierungspotenzial heben: Zum einen besteht dort aufgrund der leichten Verderblichkeit der Produkte ein besonders hoher Anteil an Lebensmittelverlusten. Die Herstellung und Verarbeitung sind aufwendig und die damit verbundenen Produktionskosten hoch. Die Plattform wird von Partnern des Konsortiums entwickelt und soll langfristig als zentraler KI-Marktplatz in der Lebensmittelindustrie etabliert werden.

Die Funktionsweisen der Plattform und der KI-Anwendungen werden an verschiedenen Stellen der Wertschöpfungskette getestet:

Verlustoptimierende Beschaffungs- und Verkaufsstrategie

Im Lebensmitteleinzelhandel erfolgt die Entwicklung und Erprobung zweier KI-gestützter Methoden. Zum einen wurde eine Methode zur genauen Absatzprognose für verderbliche Waren erarbeitet und zum anderen auf den Prognosen aufbauend eine dynamische Preisanpassung der Waren. Durch die kontinuierliche Anpassung des Preises kann die Nachfrage gesteuert und so ein Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums im Laden verhindert werden.

Koordination im Wertschöpfungsnetz

Eine KI-gesteuerte Koordination von Angebot und Nachfrage über verschiedene Stufen der Lebensmittel-Supply-Chain hinweg hat das Potential die Lebensmittelverluste zu reduzieren. Hierzu erfolgte der Aufbau eines Gesamtsystems, das z. B. durch den Einsatz einer Materialflusssimulation validiert wurde. Abschließend erfolgt der Test anhand der im REIF-Projekt vertretenen Use Cases.

Verschwendungsminimierende Produktionssysteme

Erprobt wird eine sensorbasierte Optimierung der Anlagensteuerung zur Verbesserung von Produktionsprozessen in der Molkereiindustrie. Dafür werden relevante Qualitätsmerkmale der Ausgangsstoffe in der Herstellung sowie verschiedene Maschinenparameter analysiert, um potentielle Störungen und die Endqualität prognostizieren zu können. Neben der Steuerung von Anlagen wird eine Produktionssteuerung durch den Einsatz intelligenter und situationsbasierter Entscheidungsunterstützer unter Berücksichtigung der Lebensmittelverschwendung mit Hilfe von KI und einem Multiagentensystem erarbeitet. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von KI-Methoden die Auslastung von Maschinen steigern und die Anzahl von (Lebensmittel-)verlustbehaften Reinigungsprozessen reduzieren kann.

Bedarfsgerechte Produktionspläne

In der Fleischindustrie wird ein KI-basierter Ansatz auf Grundlage des Reinforcement Learnings zur bedarfsgerechten Produktion erprobt. Auf Basis der prognostizierten Nachfrage werden optimierte Schneidpläne erstellt und bereits bei der Zerlegung der Tiere berücksichtigt. Außerdem wird die Planung des Personaleinsatzes und der Tieranlieferung optimiert. Zudem werden Kühllagerbestände minimiert und damit der Energieverbrauch gesenkt.

Zuverlässigkeit der Produktion

Das Ziel einer jeden Produktion ist die Ausbringung von Produkten und Waren mit gleichbleibend hoher Qualität. Ein Qualitätskriterium im Lebensmittelbereich ist die Mindesthaltbarkeit des Produktes. Diese Haltbarkeit soll durch eine KI-basierte Anlagenregelung, welche auf Daten wie z. B.  Eingangsqualitäten und Messdaten aus dem Prozess zurückgreift, positiv beeinflusst werden. Hierfür erfolgte z. B. die Entwicklung eines In-Line-Messverfahrens zur Bestimmung der Mindesthaltbarkeit.

Rückverfolgbarkeit

KI-basierte Ansätze sollen die Rückverfolgbarkeit von Waren durch die gesamte Wertschöpfungskette in der Fleischwarenindustrie erhöhen. Weiter erfolgt eine Betrachtung weiterer Branchen z. B. Getreide, um Parallelen zu identifizieren und hier bei einer möglichen Umsetzung von Synergieeffekten profitieren zu können. Dabei kommen auch sogenannte Smart Contracts mit Hilfe von Blockchain-Lösungen zum Einsatz.

Qualitätsgeführte Verarbeitungsprozesse

Entwickelt werden KI-Verfahren, die Verarbeitungsprozesse in der Backwarenindustrie verbessern, z.B. zur Vermeidung von Verlusten bei Sortimentswechseln. Im speziellen bei Anfahrprozessen der Maschinen und Anlagen entstehen große Mengen an Lebensmittelabfällen (Ausschuss). Das Ziel ist es mit Hilfe eines KI-Modells einen möglichst geringen Ausschuss zu erreichen. Für die Entwicklung des KI-Modells musste zunächst eine Datengrundlage geschaffen werden. Hier stand die Befähigung der Anlagen zur Anbindung an eine KI im Vordergrund. Die Korrelation der gewonnen Daten mit Qualitätsdaten ermöglicht die Steuerung verschiedener Anlagenparameter hin zur Minimierung von Ausschüssen.

Ohne REIF Mit REIF
Die Lebensmittelindustrie ist komplex und die Wertschöpfungsketten undurchsichtig. Bisherige Lösungen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung sind auf Einzelunternehmen ausgerichtet. Im REIF-Projekt wird eine ganzheitliche Lösung angestrebt. Ziel ist es, mehrere Wertschöpfungsstufen und Teilbranchen miteinander mit Hilfe der Plattform zu vernetzten.
In der Lebensmittelindustrie gibt es keine einheitlichen Schnittstellen für alle Partner entlang der Wertschöpfungskette. Zudem gibt es keine Möglichkeit, auf Daten oder Informationen anderer Partner zuzugreifen, um die Prozesse entsprechend anzupassen. Für die Vernetzung wird eine Plattform entwickelt, die mit Hilfe von KI sämtliche relevanten Daten identifiziert, sortiert und auf der Plattform bereitstellt. Sie fungiert zum einen als Daten- und Informationsdrehscheibe für alle beteiligten Akteure, gleichzeitig soll ein Marktplatz entstehen, über den die in REIF KI-Dienste bezogen bzw. vertrieben werden können.
Die aktuellen Nachfrageprognosemodelle funktionieren insbesondere bei Nachfragespitzen ungenügend, so dass in der Kette vom Einzelhandel bis hin zur Produktion immer höhere Bestände prognostiziert und bereitgestellt werden als notwendig (sogenannter Bullwhip-Effekt). In der Folge müssen Lebensmittel von den Produzenten entsorgt werden. KI-Anwendungen unterstützen dabei, genauere Kundenprognosen zu erstellen und kurzfristig auf schwankende Nachfrage und schwankende Rohstoffqualitäten reagieren zu können.