Agri-Gaia - Ein agrarwirtschaftliches KI-Ökosystem
Das Projekt Agri-Gaia entwickelt ein KI-Ökosystem für die mittelstandsgeprägte Agrar- und Ernährungsindustrie auf Basis von GAIA-X. Herzstück ist eine B2B-Plattform, projektintern als Marktplatz implementiert, die branchenspezifische KI-Bausteine als leicht verwendbare Module für agrarwirtschaftliche Prozesse und Datensätze bereitstellt. Durch die Entwicklung entsprechender Schnittstellen und Standards entsteht eine herstellerübergreifende Infrastruktur für den Austausch von Daten und Algorithmen.
Partner
AgBrain GmbH, Agrotech Valley Forum e.V., Amazonen-Werke H.Dreyer GmbH & Co.KG, Robert Bosch GmbH, CLAAS E-Systems KGaA mbH & Co KG, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, Hochschule Osnabrück, Josef Kotte Landtechnik GmbH & Co. KG, Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG, LMIS AG, Universität Osnabrück, Wernsing Feinkost GmbH
Herausforderung
Der Klimawandel und sich verändernde Verbraucherinteressen führen zu stetig notwenigen Effizienzsteigerungen und kontinuierlichen Anpassungen in der Landwirtschaft. Gleichzeitig müssen Landwirtinnen und Landwirte zahlreichen ökologischen Richtlinien gerecht werden. In diesem Spannungsfeld sind KI-Technologien nützliche Werkzeuge, die viele Arbeitsprozesse deutlich effizienter gestalten oder komplett automatisieren können. Das Projekt Agri-Gaia verfolgt deshalb das Ziel eine offene Daten-Infrastruktur zu schaffen, auf der innovative KI-Lösungen für die Land- und Ernährungswirtschaft entwickelt und angeboten werden. Die Plattform soll dazu beitragen, dass auch mittelständischen Unternehmen und Startups einfacher Zugang zu diesem neuen, lukrativen Marktsegment gewährt wird.
Umsetzung
Das Agri-Gaia Ökosystem setzt auf ein offenes und verteiltes System, in dem unterschiedlichste Akteure und Plattformen miteinander interagieren können. Mittelpunkt des Ökosystems ist der Marktplatz für das Anbieten von Daten, KI-basierten Algorithmen und Services für die Agrar- und Ernährungsindustrie. Zusätzlich werden im Projekt repräsentativ für das verteilte System eine Cloud-Plattform sowie eine On-Premise-Plattform entwickelt. Beide Plattformen ermöglichen den Akteuren zudem vertragliche Bedingungen wie Nutzungs- und Vervielfältigungsrechte unkompliziert und übersichtlich entlang des gesamten Lebenszyklus der KI-Anwendung zu regeln. GAIA-X bildet hierbei die Basisinfrastruktur, um Datensicherheit und -souveränität zu gewährleisten. Zudem können über GAIA-X Funktionen wie Identity and Access Management (IAM) und die semantische Beschreibung von Services und Daten realisiert werden. Auf den Plattformen werden verschiedene landwirtschaftliche Daten zwischengespeichert, sodass damit spezifische KI-Anwendungen trainiert und optimiert werden können. So entstehen auf den Anwendungskontext zugeschnittene Technologiebausteine, die in bestehende, oft sehr individuelle landwirtschaftliche Prozesse integriert werden können, zum Beispiel spezifische Steuerungs- oder Automatisierungsverfahren von Landmaschinen.
Das KI-Projekt ist im Januar 2021 gestartet. Es wurde eine Website aufgesetzt in die ein Community Tool integriert ist. Darüber hinaus werden die Social-Media-Kanäle LinkedIn und Twitter bespielt. Ebenfalls wurden mehrere Videobeiträge über das Projekt veröffentlich. Agri-Gaia wurde bei über 100 Veranstaltungen präsentiert und in Veröffentlichungen integriert. Hier und im Bereich News ist eine Übersicht dazu zu finden. Daraus resultiert eine kontinuierlich wachsende Community rund um die Agri-Gaia-Plattformen (aktuell bereits mehr als 40 assoziierte Firmen). https://www.youtube.com/@agri-gaia7152
Die Konzeption sowie die Umsetzung der Basisfunktionalitäten der KI-Plattformen ist planmäßig abgeschlossen und das Konsortium arbeitet darauf hin Ende 2022 die Möglichkeit des Datenaustauschs zwischen verschiedenen Akteuren des Ökosystems über den Marktplatz zu demonstrieren. Darüber hinaus wird gezeigt, wie KI-Algorithmen auf der Cloud-Plattform trainiert werden können und über die On-Premise-Plattform KI-Modelle auf Edge-Devices transferiert und dort zur Ausführung gebracht werden können.
Anwendung und Nutzen
Agri-Gaia erlaubt es verschiedenen Akteuren, wie KI-Entwicklerinnen und Entwicklern, Landtechnikherstellern sowie der Lebensmittelwirtschaft, zusammen zu arbeiten, um KI-Technologien für die landwirtschaftliche und ernährungswirtschaftliche Praxis zu entwickeln. Ein vergleichbares branchenspezifisches KI-Ökosystem existiert bislang auch auf dem internationalen Markt noch nicht. Durch die Konformität mit GAIA-X, der europäischen Dateninfrastruktur, profitiert Agri-Gaia von der Standardisierung und Interoperabilität, um Daten sicher zwischen unterschiedlichen Plattformen zu bewegen. Die im Projekt betrachteten Use Cases sowie entwickelten Technologien und KI-Services können zu kommerziell verwertbaren KI-Anwendungen weiterentwickelt werden, welche von der Agrarindustrie eingesetzt werden können.
Selektive Hacke und präzise Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln
Für eine präzise Ausbringung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln wurden neuronale Netze zur Detektion von Nutz- und Begleitpflanzen entwickelt. Basierend auf einem der Detektoren sollen in zwei verschiedenen Use Cases weitere KI-Methoden oder Expertensysteme entwickelt werden. Im Fokus steht dabei auch die automatisierte Erkennung von Pflanzenzuständen wie Wachstumsanomalien oder Mangelerscheinungen. Hierfür werden Pflanzenindizes verwendet, die aus Farb- und Nahinfrarotdaten berechnet werden können.
KI-basierte Bestandskartierung
In diesem Use Case sollen flächenbezogene Informationen von großen Feldern und Teilflächen mithilfe von KI-Technologien bearbeitet werden, um Aussagen z.B. zu ökologischen Auswirkungen treffen zu können. Informationen wie Pflanzeneigenschaften, Bodeneigenschaften oder meteorologische Daten fließen dafür zusammen.
Modellbasierte Objekterkennung agrarwirtschaftliche Objekte
In diesem Use Case werden Objekte und Strukturen im Umfeld von Landmaschinen durch Sensortechnik automatisiert erkannt. Dazu wurden mehrere Landmaschinen mit Kameras und Sensoren ausgestattet und Videoaufnahmen von verschiedenen landwirtschaftlichen Prozessen gemacht. Diese wurden im Anschluss gelabelt und entsprechende Klassifikatoren trainiert. Mit deren Hilfe werden Landmaschinen befähigt, z.B. Personen oder andere Landmaschinen in ihrem Umfeld zu erkennen und auf sie zu reagieren.
Operative Planung von Landmaschinen
Untersucht wird die effiziente Ausbringung von Gülle. Dabei sollen KI-Anwendungen den effizientesten Fahrweg für Landmaschinenflotten errechnen, wobei sowohl Faktoren wie Zeit- und Kraftstoffaufwand als auch ökologische Folgen wie die Bodenverdichtung berücksichtigt werden.
Semantische Prozessanalyse
In diesem Use Case sollen Landmaschinen durch den Einsatz von KI-Technik Ackergrenzen, Zugangspunkte zu Feldern oder anliegende Straßen automatisch erkennen. Dazu wurden die Prozessdaten von verschiedenen Landmaschinen gesammelt und analysiert. Auf dieser Datenbasis werden verschiedene neuronale Netze trainiert und hinsichtlich ihrer Eignung für die definierten Anwendungsfälle verglichen. Diese Netze sollen genutzt werden, um z.B. aus relevanten Prozessgrößen automatisiert betriebswirtschaftlich relevante Parameter zu extrahieren.
Qualitätsbestimmung für verderbliche Rohstoffe am Beispiel der Kartoffel
In diesem Use Case wird KI-Technologie dazu eingesetzt, die Qualität von Kartoffeln unter verschiedenen Rahmenbedingungen (Feld, Lager, Produktion) zu bestimmen. Diese automatisierte Qualitätsbestimmung soll die derzeitige manuelle, stichprobenbasierte Qualitätskontrolle ersetzen und setzt auf Korrelationen zwischen auftretenden physischen Veränderungen an den Kartoffeln wie z. B. Schimmel oder Grünstich und ihren phänotypischen Ausprägungen. Die Erkennung der verschiedenen Qualitätsklassen wird mithilfe eines zweistufigen KI-basierten Computer-Vision-Systems durchgeführt, das aus einem Objektdetektor und Klassifikator besteht. Sowohl die Trainings- als auch Inferenzdaten werden mit einem Kamera-Array über einem Förderband generiert. Das Gesamtsystems lokalisiert fast alle Kartoffeln auf dem Förderband mit einer Genauigkeit von etwa 96% und unterscheidet mangelfreie von mangelhaften Kartoffeln mit einer Genauigkeit von ca. 80%. Unabhängig von der Qualität ist das System in der Lage, mithilfe der integrierten Tiefenkameras die Geometrie, das Volumen und letztendlich das Gewicht einzelner Kartoffeln zu approximieren. Die auf diese Art und Weise in Echtzeit erhobenen Daten werden mit einem Zeitstempel versehen gespeichert, nach Lieferungen aggregiert und sowohl für die Optimierung des Einkaufs als auch nachgelagerter Verarbeitungsschritte bereitgestellt.
Lageroptimierung und ressourceneffizienter Einsatz verderblicher RohstoffeIn diesem Use Case sollen Prozesse zwischen Landwirtschaft und Lebensmittelproduzenten durch KI-Verfahren optimiert werden. Über Multi-Cloud-Support und Data-Pooling werden Produktions- und Lagerdaten für alle beteiligten Akteure verfügbar und nutzbar gemacht. Auf diesem Datenpool aufsetzende KI-Modelle helfen, Rohstoffe ideal ein-, um- und auszulagern.
Ohne Agri-Gaia | Mit Agri-Gaia |
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Es gibt für Firmen in der Land- und Ernährungswirtschaft keine Möglichkeit KI in ihre Produkte zu integrieren, ohne mit einem Großkonzern zu kooperieren. | Agri-Gaia ist ein KI-Ökosystem, in dem Anwender und Entwickler von KI-Anwendungen in der Landwirtschaft zusammenfinden und Daten und Algorithmen austauschen können. Insbesondere erlaubt das Ökosystem auch mittelständischen KI-Unternehmen den einfachen Zugang zu diesem Markt. |
KI-Start-ups in der Landwirtschaft können ihre Produkte nur schwer in die Praxis bringen, da sie nicht über die dazu notwendige Infrastruktur verfügen.. | Es existiert eine standardisierte Infrastruktur, die es KI-Start-ups erlaubt, sich auf die KI-Algorithmen zu konzentrieren und diese über Agri-Gaia einem breiten Markt anzubieten. |
KI-Technologie wird in der Regel nur punktuell durch große Konzerne in die Praxis der Landwirtschaft eingebracht. | Agri-Gaia erlaubt es auch kleineren und mittelständischen Firmen, KI-Produkte anzubieten, sodass KI an vielfältigen Stellen zum Nutzen des Landwirts zum Einsatz kommt. Das geschieht zu finanziell erschwinglichen Preisen, da ein neuer Markt vielen Marktteilnehmern eröffnet wird. |