DE4L - abgeschlossen
Data Economy 4 Advanced Logistics
Technologiebereich: Data & Service Management, Blockchain / DLT
Im Projekt DE4L wurde eine Plattform aufgebaut, die Teilnehmern der gesamten Logistikkette den sicheren und rechtskonformen Austausch und Handel von Daten erleichtert. Dadurch soll die Auslieferung von Sendungen zum Endkunden effizienter organisiert und gleichzeitig ein smartes Ökosystem von Logistikdienstleistern entwickelt werden. Darüber hinaus fördert die Plattform den Aufbau datenbasierter Dienstleistungen für Kunden aus logistikfremden Branchen.
Herausforderung
Der Online-Handel wird immer beliebter und mit ihm wächst die Zahl der Bestellungen, Lieferungen und Retouren im Endkundengeschäft (B2C). Zustellfahrzeuge von Kurier- und Paketdiensten verursachen schon heute rund 30 Prozent des innerstädtischen Verkehrs und geschätzt 80 Prozent der Staus. Vor allem die Organisation der sogenannten Last-Mile-Logistik, also der Zustellung und Abholung von Paketen an der Haustür, ist aufwendig und bietet ein großes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Doch das Wissen über Zustellorte, Öffnungszeiten oder hilfsbereite Nachbarn liegt selten digital vor, sondern nur bei den einzelnen Zustellmitarbeitern. Dieses Wissen geht durch Personalfluktuation verloren. Folglich entstehen hohe Effizienzverluste bei der Zustellung auf der letzten Meile. Des Weiteren ergeben sich mit der Erhebung von Zusatzinformationen neue Herausforderungen bei der Wahrung des Datenschutzes.
Umsetzung
DE4L schafft die Grundlagen für den Aufbau eines Datenpools in der Logistik. Dazu wurden Zustelldienste wie Fahrradkuriere und Lieferautos mit Sensoren ausgestattet, die während der Auslieferung verschiedenste Daten sammeln. Über mitgeführte Sensoren wurden zum Beispiel Feinstaub-, Temperatur-, Luftfeuchtigkeits-, Beschleunigungs-, Erschütterungs- und Positionsdaten erfasst. Mit Methoden zur Anonymisierung und datenschutzerhaltender Bereinigung wurde eine Infrastruktur für die Verarbeitung von Echtzeitsensordaten entwickelt. Über die im Projekt entwickelte Plattform können Logistikpartner sowohl eigene Daten zur Verfügung stellen als auch fremde Daten nutzen. Dieser Datenpool bildet die Basis für verschiedenste datengetriebene Dienste. Unter anderem für ein neuartiges Datenmanagement, das Zustelldiensten neben klassischen Adressdaten auch detaillierte Informationen über Routen, Tore oder Abstellorte liefert. Darüber hinaus liegt der Ausbau von Services wie die Sendungsverfolgung oder Qualitätskontrolle während des Transports nah. Über die Logistikkette hinaus eröffnen sich weitere Verwertungspotenziale, da die Daten zum Beispiel auch von Immobilien- und Navigationsanbietern, bei der Verkehrsüberwachung sowie von Planungs- oder Ingenieurbüros genutzt werden können.
Alle Zugriffe auf die Plattform werden mittels Distributed-Ledger-Technologie (DLT) gesteuert und protokolliert. Um sicherzustellen, dass die Daten rechtskonform verwertet werden, wurde frühzeitig juristische Expertise eingeholt.
Als einer der ersten Meilensteine wurde die Architektur zur Integration und Analyse von Sensordaten in Echtzeit konzipiert. Denn eine der elementaren Anforderungen ist die Datenübertragung zwischen heterogenen Sensorknoten und Zielsystemen, die mit verschiedenen Protokollen und Datenformaten kommunizieren. Bei der Konzeption wurde der Fokus auf die Nutzung etablierter Standards gelegt, um den unternehmensübergreifenden Datenhandel und die Integration in externe Systeme zu ermöglichen. Die finale Version der DE4L-Sensordatenplattform ermöglicht die Verarbeitung und Analyse großer heterogener Datenmengen in Echtzeit.
Eine öffentlich zugängliche Version mit einem eingeschränkten Datensatz ist unter der folgenden URL erreichbar: https://sensor.de4l.io/
Beim Partner fox-COURIER ist die Webanwendung Delivery Zone Data bereits im Praxiseinsatz. Mit ihr werden Zusatzinformationen wie Öffnungszeiten, Erreichbarkeit und Anfahrtswege zu Lieferadressen hinzugefügt. Dadurch kann die Zustellung zum Empfänger effizienter werden.
Beim Handel von Zusatzinformationen zu Adressen behält der Verkäufer die volle Datenhoheit. Dafür werden die zu verkaufenden Daten in der Infrastruktur des Verkäufers merkmalserhaltend verschlüsselt. So kann nach Datenangeboten für eine Adresse gesucht werden, ohne dass sie im Klartext vorliegen müssen. Die Datenangebote werden über eine Blockchain zwischen den Plattformteilnehmern ausgetauscht. Darüber hinaus wurden Privatsphäre-erhaltende Verfahren in die Plattform integriert. Neben Verfahren, die mit Verschleierungstechniken und Anonymisierung arbeiten, wurde auch ein Ansatz untersucht, der die künstliche Erstellung Datenschutz-unbedenklicher, aber statistisch gleichwertiger Daten ermöglicht.
Der Prototyp der DE4L-Plattform und die Anwendungen sind online erreichbar unter: https://start.de4l.io
Anwendung und Nutzen
Durch die Erfassung von Zusatzinformationen zu Lieferadressen und zum Datenaustausch zwischen Logistikdienstleistern lassen sich falsche, verzögerte oder wiederholte Zustellungen vermeiden. Für die teilnehmenden Logistikdienstleister ergibt sich durch die Teilnahme am Datenhandel zudem die Möglichkeit, bisher nicht genutzte Daten zu monetarisieren und dadurch Zusatzeinnahmen zu generieren.
Neue Anwendungsfälle ergaben sich im Bereich Smart-City. So konnte die räumliche und zeitliche Erhebung von Umweltdaten mit der entwickelten Sensordatenplattformen erheblich verbessert werden. Auf Basis der erhobenen Echtzeitinformationen lassen sich zielgerichtete datenbasierte Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität treffen, wie etwa die dynamische Verkehrssteuerung zur Reduktion der Schadstoffbelastung. Mit anderen erhobenen Daten, etwa zur Straßenqualität, können Stadtplanungs- und -gestaltungsprozesse unterstützt werden.
Aus der Erhebung solcher Umweltdaten ergeben sich ebenfalls neue Einnahmequellen für die Logistikdienstleister. Diese Daten bieten auch branchenfremden Partnern, zum Beispiel Immobilienfirmen, Navigations- und Kartenanbietern, Verkehrs- und Stadtplanungsbehörden, Ingenieurbüros sowie kommunalen Unternehmen einen erheblichen Mehrwert und liefern so einen Beitrag zur Umsetzung von datengetriebenen Geschäftsmodellen.
Konsortium
InfAI Management GmbH (Konsortialführer), FhG IML, UNISERV GmbH, Universität Leipzig, fox-COURIER GmbH Leipzig