NaLamKI - Nachhaltige Landwirtschaft mittels KI
Das Projekt NaLamKI hat das Ziel, landwirtschaftliche Prozesse durch den Einsatz von Cloud- und KI-Technologien effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Hierzu wird eine Gaia-X- konforme Software-as-a-Service Plattform aufgebaut, auf der landwirtschaftliche Sensor- und Maschinendaten gesammelt werden. Auf der Plattform bereitgestellte KI-Anwendungen unterstützen Landwirt*innen bei der Analyse von Pflanzen- und Bodenzuständen großer Landflächen und unterstützen so Prozesse wie Bewässerung, Düngung und Schädlingsbekämpfung.
Partner
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, NT Neue Technologien AG, Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut, John Deere GmbH & Co. KG, Julius Kühn-Institut, OptoPrecision GmbH, Planet Labs Germany GmbH, Robot Makers GmbH, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, Universität Hohenheim.
Herausforderung
Neben den Einflüssen des Klimawandels sowie der Aufgabe, Nährstoff- und Pflanzenschutzprozesse wie Bewässerung und Düngung stets weiter zu verbessern, wirkt sich auch der Mangel an Fachkräften auf die Qualität und die Abläufe von landwirtschaftlichen Prozessen aus. Die Überprüfung von Pflanzenzuständen kann deshalb oft nur sehr punktuell vorgenommen werden. Die Erkennung und präzise Bestimmung, etwa von Bodenwasserzuständen oder Schädlingsbefall sind auf großen landwirtschaftlichen Flächen derzeit nicht möglich. Das Projekt NaLamKI sorgt mit KI-Technologie für Abhilfe, indem die reichhaltig vorhandenen landwirtschaftlichen Daten verschiedenster Art analysiert und nutzbar gemacht werden. Darauf basierend sollen entsprechende Fahrzeuge und Agenten – z.B. Drohnen – dazu befähigt werden, Zustände, wie den Befeuchtungsgrad von Feldern automatisiert auszuwerten.
Umsetzung
Ziel von NaLamKI ist die Entwicklung einer einheitlichen GAIA-X konformen, cloudbasierten SaaS-Plattform mit offenen Schnittstellen für Anbieter aus dem vor- und nachgelagerten Bereich der Landwirtschaft. Diese wird, gemeinsam mit Agri-Gaia, Bestandteil des Agri-Hubs und folgt deren Reglement.
Das NaLamKI-Ökosystem gliedert sich in folgende grundlegende Abschnitte:
Datenaufnahmen
Als Trägerfahrzeuge werden hier Traktoren, Drohnen, selbstfahrende Roboter sowie Satelliten verwendet. An den Trägergeräten wurden verschiedene Kombinationen an Kameras und Sensoren angebracht, welche dann beim Überfahren oder Überfliegen der Testflächen die Rohdaten aufzeichneten. Für jeden Use Case wurde eine spezifische Kombination aus Trägergerät und Konfiguration von Kameras und Sensoren zusammengestellt, um den anspruchsvollen Anforderungen der Use Cases gerecht zu werden.
Datenverarbeitung mittels KI-Diensten
Das Ziel aller KI-Dienste ist es, die auf dem Feld gesammelten und im vorherigen Abschnitt beschriebenen Daten aufzubereiten und aus ihnen Informationen zu gewinnen, sodass diese den Landwirt*innen in einer leicht interpretierbaren Weise mit hoher Informationsdichte dargestellt werden können. Hierbei handelt es sich um eine Darstellung, meist in Form einer Karte, in welcher Vegetationsdichte, Unkrautdruck, Pflanzenreihen oder von Krankheitsbefall von Pflanzen bildlich visualisiert werden. All diese Informationen geben den Landwirt*innen Aufschluss über den aktuellen und zukünftig zu erwartenden Zustand des Feldes. Um dies zu gewährleisten, müssen die Rohdaten mit Hilfe von KI-Diensten auf eine niedrig-dimensionale Darstellung gebracht werden und fehlende Informationen gegebenenfalls generiert werden. Die KI-Use-Cases befassen sich u.a. mit der Bestimmung des NDVI-Vegetationsindex, mit Objektdetektion oder semantischer Segmentierung.
Datenverwaltung in einem zentralen Digitalen Zwilling
Der Digitale Zwilling enthält die Grundstruktur zur Verwaltung einer Farm und deren Schläge (bewirtschaftete Flächen). Er beinhaltet auch die Entwicklung und Implementierung eines Agrar-User-Managements. Unter dieser Struktur werden alle verfügbaren Felddaten, ort- und zeitbezogen, abgelegt. Der Einsatz eines Digitalen Zwillings bildet die Möglichkeit, zielgerichtet Daten an einem Ort abzuspeichern und aufzubereiten. In Kombination mit dem User-Management ermöglicht er einen einfachen Zugang zu den im Hintergrund verborgenen Daten für jede*n registrierte*n Nutzer*in für seine*ihre Farm. Das Konzept des Digitalen Zwillings ist dynamisch und kann sowohl zeitliche als auch lokale Veränderungen abbilden. Dadurch eignet sich der Digitale Zwilling als effektives Mittel, um eine zielgerichtete Infrastruktur für „Smart Farming“ und die Landwirtschaft der Zukunft aufzubauen. Der Zwilling wird Gaia-X-konform entwickelt, so dass er in allen Gaia-X-konformen Systemen eingebunden und in den Datenaustausch treten kann. Weiterhin wird eine Schnittstelle zu Farmmanagementinformationssystemen implementiert, um pilotmäßig den Datenaustausch zu demonstrieren. Der Digitale Zwilling erhält seine Daten aus den im NaLamKI-System entwickelten KI-Berechnungen und gibt diese zur Auswertung und Darstellung an das Dashboard weiter.
Datenauswertung über ein Dashboard
Zur Visualisierung der im Digitalen Zwilling gespeicherten Daten und Ergebnisse wird ein Web-basiertes Dashboard entwickelt. Auf dieser Plattform werden die Ergebnisse aller gebuchten Dienste visualisiert. Die gesammelten Daten werden entsprechend ihres Typs auf unterschiedliche Art und Weisen dargestellt. Hierbei fokussiert sich die gesamte Darstellung auf eine Karte des betrachteten Feldes. Die Informationen werden entweder direkt auf die Karte gelayert oder separat in einem Info-Feld alphanumerisch oder in Diagrammen dargestellt. Die zu visualisierenden Daten werden von dem Digitalen Zwilling geladen und sollen methoden-unabhängig strukturiert werden. Weiterhin sollen aus den bestehenden Daten zusätzliche Auswertungen generierbar dargestellt werden. Gerade die Veränderung über die Zeitachse kann hier zu einem großen Mehrwert führen.
Vernetzung
NaLamKI bietet die Möglichkeit, Daten zwischen dem Digitalen Zwilling und bereits existierenden Farmmanagementinformationssystemen (FMIS) auszutauschen. Weiterhin wird der Digitale Zwilling in der Gaia-X-Welt sichtbar sein, so dass dieser in den Datenaustausch mit anderen Gaia-X-konformen Systemen treten kann. Die KI-Dienste laufen dezentral in einer Edge und können im Rahmen von NaLamKI ihre Ergebnisdaten nur im Digitalen Zwilling ablegen.
Anwendung und Nutzen
Durch NaLamKI wird die Erfassung der Pflanzenbestände auf großen landwirtschaftlichen Flächen deutlich vereinfacht und beschleunigt. Die Datenerhebung aus der Distanz – z.B. über Drohnen oder Satelliten – in Kombination mit KI-gestützten Prognosemodellen zu Witterung und Pflanzenentwicklung gewährt umfängliche, bisher kaum verfügbare Erkenntnisse zur Beschaffenheit von Anbauflächen. Landwirtinnen und Landwirten können z.B. Mängel bei Bewässerung und Düngung sowie Schädlingsbefall frühzeitig erkennen und lokalisieren. Prozesse werden so nicht nur bedeutend beschleunigt; der viel gezieltere Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder Dünger sorgt auch für hohe Kosteneinsparungen und weniger Umweltbelastung.
Als konkrete Beispiele für die Anwendungen im Projekt NaLamKI sind folgende KI-Use-Cases zu nennen:
Reihenerkennung
Für einen autonomen Betrieb eines Nutzfahrzeuges auf dem Feld ist es notwendig, die befahrbaren Flächen zu erkennen. Bei Feldern deren Pflanzen in Reihen ausgesät sind, stellt das den Bereich zwischen den Reihen dar. Um diesen zu erkennen, wird der Bereich in dem die Nutzpflanzen wachsen durch eine künstliche Intelligenz erkannt und vom verbleibenden Teil des Feldes unterschieden.
Erkennung von Gelbrost
Pilzerkrankungen stellen einen erheblichen Risikofaktor im Getreideanbau dar, der mitunter zu erheblichen Ernteeinbußen führen kann, wenn keine präventiven Maßnahmen getroffen werden. In der konventionellen Landwirtschaft werden zu diesem Zweck Pflanzenschutzmittel verwendet. Trotz stetiger Fortentwicklung der entsprechenden Produkte sind die ökologischen Umweltauswirkungen nicht abschließend erforscht. Die Menge an verwendeten Pflanzenschutzmitteln könnte verringert werden, wenn es gelingt die Entstehung von Gelbrost frühzeitig zu erkennen und nur dann entsprechende Maßnahmen ergreift. Dies setzt robuste Verfahren voraus, mit welchen die Entstehung von Gelbrost auf der gesamten Anbaufläche erkannt werden kann. Daher wird das Ziel von Gelbrostfrüherkennung durch KI mit Hilfe von Multispektral-Luftaufnahmen erprobt, welche durch autonome Drohnen aufgenommen werden.
Schätzung von Leaf –Area–Index
Die Blattoberfläche von Wild- und Kulturpflanzen gibt Aufschluss über den Gesamtzustand und die Gesundheit aller Gewächse. Daher sind entsprechende Kennzahlen nicht nur für die Forschung relevant – etwa um Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen abzuschätzen, sondern auch für Landwirt:innen, die nachgelagerte verarbeitende Industrie und Entscheidungsträger:innen aus dem öffentlichen Sektor. Der Leaf-Area-Index kann mit unterschiedlichen Verfahren unter Verwendung von Daten unterschiedlicher Aufnahmemodalitäten geschätzt werden. Dies gilt insbesondere für nicht-destruktive Analysen am Boden mit einem sog. Plant-Canopy-Analyzer, sowie für Schätzungen mit Drohen oder Satellitendaten. Essenziell ist in diesem Zusammenhang eine Kreuzvalidierung der entsprechenden KI-Methoden untereinander mit dem Ziel zuverlässige Methoden bereitzustellen.
Unkrauterkennung in Reihenkulturen
Eine besondere Herausforderung bei der Nahrungsmittelproduktion in Reihenkulturen ist die gezielte Bekämpfung von unerwünschten Wild- oder Beikräutern. In der industriellen Landwirtschaft werden hierfür üblicherweise chemische Agenten eingesetzt, welche flächig ausgebracht werden und selektiv auf Unkräuter wirken, wobei Kulturpflanzen resistent gegenüber den eingesetzten Herbiziden sind. Eine Verringerung der ausgebrachten Menge an Pflanzenschutzmitteln kann erreicht werden, wenn Unkräuter in einem ersten Schritt durch geeignete KI-Methoden erkannt werden, sodass eine punktgenaue Ausbringung durch die optimale Ansteuerung der Anbaugeräte im nächsten Schritt erreicht wird. Hierzu werden systematisch Daten aufgezeichnet, KI-Methoden zur Bilderkennung adaptiert und im Hinblick auf ihre Performance getestet.
Ampfererkennung in Grünland
Ampfer stellt ein problematisches Unkraut im Grünland dar, da es von vielen Nutztieren aufgrund des Gehalts an Oxalsäure nicht gefressen wird und demnach den anderen Kulturpflanzen im Grünland den Platz wegnimmt. Die Bekämpfung von Ampfer ist manuell oder chemisch möglich. Eine manuelle Bekämpfung ist überaus zeitaufwändig, wohingegen die chemische Bekämpfung eine flächendeckende Behandlung des Grünlands mit sich zieht. Eine selektive und automatisierte Erkennung des Ampfers könnte eine Bekämpfung ermöglichen, die schnell wäre und zudem eine flächendeckende Behandlung mit chemischen Pflanzenschutzmitteln verhindern könnte. Hierzu werden KI-Methoden entwickelt, um den Ampfer einzelpflanzenspezifisch erkennen zu können. Die benötigten Daten werden mittels einer Stereokamera im Verbund mit einem spezialisierten Versuchsaufbau aufgezeichnet.
Ertragsschätzung von Obstplantagen
Eine automatische Bonitur im Plantagenanbau ermöglicht nicht nur ein genaues digitales Abbild der entsprechenden Anbauflächen zu erstellen, sondern auch nachgelagert prädiktive Modelle zu rechnen. Ein wichtiges Ziel ist hierbei die frühzeitige Ertragsschätzung. Zu diesem Zweck werden autonome Agrarroboter eingesetzt. Durch Erkennung von Wachstumsparametern, wie der Blattfläche, der Anzahl von Blüten und der allgemeinen Wuchsform werden die unabhängigen Variablen gemessen, um die Ertragsmenge vorherzusagen. Die Erkennung unreifer Früchte erlaubt es ferner deren Qualität, etwaigen Schädlingsbefall oder Schäden durch Umwelteinflüsse wie Hagel oder Trockenheit zu erkennen und den Umfang von zu erwartenden Ertragseinbußen einschätzen zu können.
Autonomie von Landmaschinen
Durch Umwelterkennung sind Landmaschinen in der Lage ohne menschliches Einwirken auf landwirtschaftlichen Flächen zu navigieren und dort Arbeitsschritte durchzuführen. Anwendungsfälle im Bereich des Projektes sind ein kettengetriebener Roboter in Apfelplantagen und ein Plantagenschlepper für den Einsatz auf Acker- und Grünland.
Bewässerung/Düngerkennung
Innerhalb des Anwendungsfalls werden verschiedene Bodensensoren und Wetterdaten genutzt, um den aktuellen Bewässerungsstand und Düngungsstand mittels KI-Ansätzen zu ermitteln. Diese Informationen werden dann mit dem zu erwarteten Wetter abgeglichen, um Empfehlungen zur Bewässerung und zum Düngen zu geben. Durch eine enggesteckte Verteilung der Sensoren ist das Ziel auch lokale Teilbereiche von Feldern zu bewässern und hiermit eine optimierte Wasser- und Düngungsverteilung zu erreichen.
Ohne NaLamKi | Mit NaLamKi |
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Die Untersuchung von Pflanzen- und Bodenzuständen in der Landwirtschaft kann nur sehr punktuell vorgenommen werden. | Die KI-Anwendungen von NaLamKI ermöglichen eine umfängliche und schnelle Analyse der Pflanzen- und Bodenzustände von großflächigen Anbaugebieten. |
Aufgrund unzureichender Informationen können Ressourcen wie Wasser, Dünger und Schädlingsmittel kaum gezielt eingesetzt werden. | Analysen mithilfe von KI-Anwendungen machen den gezielten und sparsamen Einsatz von Wasser, Dünger oder Schädlingsmittel möglich und sparen Kosten. |
Zahlreiche anfallende Daten in der Landwirtschaft – wie Maschinen- und Sensoren- oder Bestandsdaten – werden nicht gewinnbringend eingesetzt. | Der im Rahmen von NaLamKI entwickelte Digitale Zwilling ermöglicht den gewinnbringenden Einsatz und Austausch von Daten in einem Informations- und Kommunikations-Ökosystem für Akteur*innen in der Landwirtschaft. |
Hoher organisatorischer Aufwand bei der Bewirtschaftung von Pflanzkulturen. | Assistenzsysteme bedeuten Erleichterung von Entscheidungen und verringern organisatorischen Aufwand. |
Mangel an personellen Ressourcen. | Teilweise Kompensation des Fachkräftemangels durch KI. |
Komplexe landwirtschaftliche Zusammenhänge können aufgrund von Erfahrung und guter landwirtschaftlicher Praxis analysiert werden. | Durch bessere Vorhersagbarkeit und Beobachtbarkeit besteht die Möglichkeit, der agronomischen Erforschung neuer Bewirtschaftungsmethoden. |