AutoBauLog

Autonome Steuerung in der Baustellenlogistik

Der Bagger ist "sprachlos". Deshalb weiß er bislang nicht, wann der nächste LKW zum Beladen kommt, ob es für ihn an anderer Stelle Wichtigeres zu tun gibt oder ob es nicht vorteilhaft wäre, wenn er von einem anderen Bagger Unterstützung bekäme.

Im Projekt AutoBauLog ging es daher darum, sämtliche Baumaschinen einer Großbaustelle im Tiefbau so intelligent zu vernetzen, dass sie künftig ihre Situation im Zusammenhang mit den ihnen übertragenen Aufgaben wahrnehmen, bewerten und optimieren können. Dazu wurden sie in die Lage versetzt, als weitgehend eigenständige und zielgesteuerte Einheiten zu handeln.

Beim Neubau eines 15 Kilometer langen Autobahnabschnitts wird die Strecke zum Beispiel in mehrere Bauabschnitte eingeteilt. In einigen Bauabschnitten sind Maschinenteams damit beschäftigt, Boden auszuheben. Andere Maschinenteams bauen den ausgehobenen Boden an anderer Stelle wieder ein, da die künftige Straße auf einem Damm verlaufen wird. LKWs sind gleichzeitig damit beschäftigt, überschüssigen Boden auf Erddeponien abzufahren. Oder sie bringen ihn zur späteren Verwendung zu Zwischenlagerstätten auf der Baustelle. An den Zwischenlagerplätzen arbeiten zusätzliche Maschinen, die mit dem Verteilen des ange  lieferten Bodens oder dem Wiederverladen von angefor  dertem Boden beschäftigt sind . Möglicherweise sind also einige Dutzend Großmaschinen (Bagger, Raupen, Radlader, Grader, Walzen,…) und eine hohe Anzahl von LKW gleichzeitig über 15 km verteilt im Einsatz. Heute sind lediglich Arbeitsabläufe einzelner Maschinen automatisiert. Die Koordination der Zusammenarbeit der Maschinen untereinander erfolgt noch manuell und ist bei eintretenden Störungen anfällig. AutoBauLog will die Baumaschinen besser in den Griff kriegen und dafür sorgen, dass sie sich möglichst situationsbedingt optimal organisieren.

Der Lösungsansatz in AutoBauLog beinhaltet drei Innovationen: (1) Ausstattung von Baumaschinen mit softwarebasierter Intelligenz und Sensorik, (2) Befähigung von Baumaschinen zum Kooperieren und zum Formieren von Maschinenteams und (3) Zusammenführung der maschinenbasierten Bauprozesse in einem durch Virtual-Reality und Simulation unterstützten Leitstand.

AutoBauLog nutzt Konzepte von Autonomie auf den Ebenen der Maschine, des Teams und des Leitstands. Die damit verbundene Struktur verteilter, situativer Entscheidungsfindung unter Einbeziehung aller drei Ebenen überlässt der einzelnen Maschine die Entscheidung, ob sie ein aktuelles Problem allein, im Team oder mit Unterstützung des Leitstandes lösen kann; zusätzlich kann sie ihre Situation selbständig bewerten und ihr damit verbundenes Wissen in eine permanent ablaufende Prozessverbesserung einbringen. Durch dieses Prinzip werden höchste Effizienz und Geschwindigkeit in der (Neu-) Organisation des Bauablaufs gewährleistet. Um das gesamte System AutoBauLog rund zu machen, wird der Leitstand in die Lage versetzt, eine zeitnahe Bewertung des Ist-Zustands der Baustelle vorzunehmen und ihre künftige Entwicklung in verschiedenen Szenarien über Simulation zu prognostizieren.

Konsortialführer: RIB Information Technologies AG

Konsortialpartner: Universität Hohenheim - Forschungszentrum Innovation und Dienstleistung, Topcon Deutschland GmbH, Drees & Sommer Infra Consult und Entwicklungsmanagement GmbH, Ed. Züblin AG, Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Technologie und Management im Baubetrieb und Fachgebiet Building Lifecycle Management

Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt AutoBauLog hat im Mai 2013 auf dem Testgelände des Aus- und Fortbildungszentrums Walldorf (AFZ Walldorf) die Ergebnisse seiner dreijährigen Forschungsarbeit am praktischen Beispiel präsentiert. In Walldorf konnten erste Ansätze der Realisierung der autonomen Steuerung des Maschinen- und Geräteeinsatzes auf einer realen Erdbaustelle vorgestellt werden. Dazu wurden auf einem kleinen Baufeld zwei Erdaushub- und zwei Erdeinbauorte definiert, die von jeweils einem Bagger bzw. jeweils einer Raupe bedient werden.

Den Materialtransport von den Aus- zu den Einbauorten übernahmen vier 22to-LKW. Das gesamte Baustellenmodell inklusive Ablaufplanung, Geometrie und Mengen wird von RIBiTWO® bereitgestellt. Das Modell wird unter Verwendung der TOPCON SiteLINK®-Technologie den beteiligten Maschinen zur Verfügung gestellt. Ein Multiagentensystem (MAS) verteilt Aufträge, die aus der Ablaufplanung abgeleitet sind, mitsamt den zugrunde liegenden Geometrieinformationen an die einzelnen Maschinen. Die Maschine arbeitet ihren aktuellen Auftrag ab und meldet die hergestellte Geometrie zurück. Das MAS berechnet unter Nutzung von SiteLINK® die Fertigstellungsgrade der aktuell vergebenen Aufträge und stellt die komplette Fertigstellung fest. In diesem Fall wird ein Folgeauftrag versandt. Parallel dazu wird das Baustellenmodell aktualisiert: Fertigstellungsgrade werden gemeldet und Vorgangsdauern werden angepasst. Diese Informationen werden via SiteLINK® zurück nach RIB iTWO® übernommen und stehen dort zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung.

Die Autonomiekomponente ist im AutoBauLog-Kontext in der LKW-Disposition angesiedelt: um eine verbesserte Koordination des LKW-Einsatzes auf Großbaustellen mit oft kilometerweit auseinander liegenden Einsatzorten zu erzielen, stellt das MAS die aktuelle Situation der LKW-Verfügbarkeit an den Ein-und Ausbauorten fest und schickt die LKW an denjenigen Ort zur Be- oder Entladung, der wirtschaftlich am günstigsten ist.

Die in AutoBauLog erreichten Autonomie-Ansätze zur verbesserten/optimierten Disposition von LKW inkl. der Reaktion auf Störungen im Regelablauf sind in der Praxis adaptierbar, und eine Ausdehnung auf weitere Anwendungsfelder im Tief- und Straßenbau steht offen. Die mittelfristigen Aussichten auf kommerziell verwertbare Anwendungen sind gut!  Zusätzlich wurde im AutoBauLog-Kontext ein bislang einmaliger bidirektionaler Austausch von Geometriedaten zwischen Baustellenmanagementsoftware und Baumaschine erreicht. Die Maschine erhält auftragsscharf die herzustellende Geometrie und liefert die hergestellte Geometrie auf Abruf ebenso auftragsscharf in das Quellsystem zurück. In diesem Kontext kann eine deutlich zügigere kommerziell verwertbare Umsetzung erreicht werden.

Ansprechpartner AutoBauLog

Projektleitung
RIB Information Technologies AG
Ein Unternehmen der RIB Gruppe
Vaihinger Straße 151
70567 Stuttgart
Tel: +49 (0)711 7873-0
Fax: +49 (0)711 7873-88204

Hans Schulz

Tel: +49(711)7873-257
E-Mail

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Projekt AutoBauLog und seinen Ergebnissen finden Sie in den Leitfäden, hier insbesondere in

Band 1, Autonome und simulationsbasierte Systeme für den Mittelstand.