SMART FACE

Dezentrale Produktionssteuerung für die Automobilindustrie

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© Rainer Bressel

Kurzsteckbrief

Moderne Fertigungslinien sind geprägt durch hohe Stückzahlen und größtmögliche Effizienz. Produktivität steht im Fokus der Großserienproduktion. Diese starren, unflexiblen und zentral gesteuerten Abläufe garantieren zwar eine wirtschaftliche, nicht aber eine individualisierbare Produktion. Kundenindividuelle Produkte werden aber in vielen Branchen immer wichtiger. Konfiguratoren, beispielsweise für PKWs oder Möbel, geben Kunden die Möglichkeit, Design und Ausführung individuell zu gestalten. Der Trend geht zur Kleinstserienfertigung. Die Berücksichtigung individueller Wünsche bei der Fertigung von Produkten mit geringer Stückzahl ist jedoch bedingt durch lange Umrüstzeiten aufwendig und zeitintensiv.

Um die auch die Produktion von Kleinstserien hochflexibel und wirtschaftlich zu gestalten, entwickelte das Projekt SMART FACE neue Ansätze für eine hochflexible Fertigungsplanung und -steuerung. Einzelne Fertigungsstufen wurden bedarfsgerecht und stets zum richtigen Zeitpunkt mit Bauteilen und Materialien versorgt. Das schont Ressourcen und vermeidet Leerlauf.

Szenario

Besonders in der Automobilindustrie gleicht bei einer großen Variantenvielfalt kein Fahrzeug dem anderen. Hohe Effizienz bei gleichzeitiger Variantenvielfalt wird in der variantenreichen Serienfertigung bereits mit komplexen und trägen Planungssystemen und klassischer Fließfertigung in der PKW-Montage durchgeführt. Jedoch gibt es gerade im Bereich der Kleinstserienfertigung deutlich abweichende Anforderungen, die nicht von diesen klassischen Systemen erfüllt werden

Kern des neuen Ansatzes von SMART FACE ist ein dezentral gesteuertes Multi-Agenten-System, in dem sich Materialien und Fertigungsteile eigenständig ihren Weg von Maschine zu Maschine bahnen. Das setzt einen kontinuierlichen Datenaustausch der smarten Objekte und eine flexible Steuerung voraus. Zur Steuerung und Harmonisierung einer CPS-gestützte Produktion wurden smarte Sensorik, die die Umgebung erfassen und miteinander, aber auch mit ihrem Umfeld kommunizieren, sowie und wandlungsfähige Aktorik erarbeitet. So können unter anderem Lieferantenbeziehungen (Wann muss was nachgeliefert werden?) direkt über einen kontinuierlichen Datenaustausch organisiert werden. Die Kontrolle über den Informationsaustausch und die Entscheidungen bezüglich der Logistik-Abläufe übernehmen sogenannte Agenten, die mit entsprechenden Softwaremodulen ausgestattet sind. Diese Form der verteilten künstlichen Intelligenz sorgte dafür, dass die Produktion weitestgehend selbstorganisierend erfolgen konnte.

Bei dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (Fraunhofer IML) und bei der Volkswagen AG hat das Projekt SMART FACE sein System erprobt. Entwickelt wurde im Fraunhofer IML ein Maxi-Demonstrator, der einem realitätsnahen, aber auch einfach veränderbaren Produktionsauschnitt – Montagestationen samt Industrieroboter, Lager und verschiedene Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) – umfasst. Dabei wurde das technische Gesamtkonzept des Projekts mit seinen verschiedenen Facetten validiert.

Der Praxisdemonstrator wurde für die Stoßfängermontage bei der Volkswagen AG realisiert. In diesem Praxisszenario sollten die Konzepte aus dem Projekt unter anderem im Hinblick auf eine Erhöhung der Reaktionsfähigkeit im Fertigungsprozess und zur Verbesserung der Fehlerdiagnostik untersucht werden.

Als Ergebnis des Forschungs- und Entwicklungsprojektes SMART FACE wurde es erstmalig realisiert, den Informationsfluss durch eingebettete Systeme mit dem realen Materialfluss zu kombinieren, um einen einfach zu skalierenden Produktionsprozess und eine zudem deutlich schlankere Planung zu ermöglichen.

Wege in die Praxis

Die Vorteile des Produktionssystems liegen in der Flexibilität, der Adaptierung und der besseren Reaktion auf eintretende Risiken. Cyber-Physical Systems ermöglichen einen kontinuierlichen Datenaustausch, so dass eine enge, auch außerbetriebliche Kommunikation mit Lieferanten in der globalen Planung gewährleistet ist und strategische Zielvorgaben berücksichtigt werden können.

Die Volkswagen AG sieht in wandlungsfähigen und skalier¬baren Produktionssystemen eine Chance, den zukünftigen Anforderungen von Kleinstserien oder Losgröße 1 in der Fahrzeugfertigung begegnen zu können. Strategisches Ziel der Volkswagen AG ist es, die Ergebnisse von SMART FACE in den eigenen Werken umzusetzen und als Anforderung in die Supply-Chain zu übertragen. Damit ist der Partner Continental AG prädestiniert, um die Auswirkungen der flexib¬len Produktion auf die Zulieferbranche zu analysieren und eigene Planungs-und Steuerungskonzepte zu entwickeln, um den Anforderungen gerecht zu werden. Die Sick AG hat sich an dem Projekt beteiligt, um das eigene Produktangebot auf die Bedarfssituation der zukünftigen Fabrik-und Logistikautomation anzupassen. Die Palette an passfähigen Sensoren wird sich dadurch signifikant erweitern.

Konsortialpartner: Technische Universität Dortmund (Konsortialführer), Volkswagen AG, Continental Teves AG & Co. OHG, Continental Automotive GmbH, Lanfer Automation GmbH & Co. KG, Logata Digital Solutions GmbH, FLS FUZZY Logik Systeme GmbH, Fraunhofer-Gesellschaft e.V., SICK AG

Ansprechpartner

Logata Digital Solutions

Andreas Trautmann