Meldung
06.07.2016

Gleiches Recht für alle?

Internationaler Rechtsworkshop gibt Einblick in nationale Rechtsrahmen für Robotikrecht auf der Automatica

Nicht alles, was technisch möglich ist, findet auch Akzeptanz bei Anwendern. Technischer Fortschritt muss ethische Grundsätze und rechtliche Rahmenbedingungen beachten. Dies gilt gerade im Bereich von Industrie 4.0, wo Menschen sehr eng mit Maschinen, Robotern und autonomen Systemen zusammenarbeiten.

Automatica 2016
Die Referenten des Workshops "Robotics and Autonomous Systems – International Law and Social Neuroscience Insights"
© AUTONOMIK für Industrie 4.0
Automatica Rechtsworkshop 2016

Auf dem von der Begleitforschung des Technologieprogramms AUTONOMIK für Industrie 4.0 initiierten Workshops „Robotics and Autonomous Systems – International Law and Social Neuroscience Discoveries” auf der Automatica 2016 in München wurden deshalb die sozialethischen und rechtlichen Grundlagen von Innovationen entlang der internationalen und unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsketten diskutiert. Rechtsexperten aus den USA, China, Großbritannien, Italien, Kanada und Deutschland erörterten die Frage, ob die jeweiligen nationalen Rechtsrahmen auch staatenübergreifend Anwendung finden können und vor allem für die unterschiedlichsten Problemstellungen im Kontext von Industrie 4.0 gerüstet sind.

So ist es für Prof. Amedeo Santosuosso von der Universität Pavia in Italien vor allem entscheidend, in ganz Europa einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. In China kommt es laut Xiaoyang Huang von der Universität Würzburg vor allem darauf an, zunächst einmal das nationale Recht auf die technologischen Entwicklungen anzupassen. Das ist auch die drängendste Forderung von Prof. Ryan Calo von der University of Washington für das amerikanische Robotikrecht. Historisch bedingt seien unterschiedliche Institutionen für unterschiedliche rechtliche Fragestellungen bei automatisierten Systemen zuständig. Das gelte es in einer zentralen Behörde zu vereinheitlichen. „In Kanada betrachtet die Gesetzgebung nur einzelne Aspekte der Drohnennutzung, hat aber noch keinen einheitlichen Rahmen geschaffen,“ erklärte Kristen Thomasen von der University of Windsor, Rechtsexpertin auf dem Gebiet des nicht-militärischen Drohneneinsatzes, die Situation in Kanada. Um ein Spezialgebiet des Rechts ging es auch im Vortrag von Prof. Eric Hilgendorf von der Forschungsstelle Robotrecht an der Universität Würzburg. Viele bisherige rechtliche Fragen zur Haftung beim autonomen Fahren könnten durch Auslegung geklärt werden, einige bedürfen neuer Gesetze. Aber kein Fall sei unlösbar. Der Sozialpsychologe Prof. Dr. Cade McCall von der University of York erklärte den Workshopteilnehmern den Zusammenhang zwischen sozialer Kognition und autonomen Systemen. Soziale Kognition ist ein Teilbereich der Sozialpsychologie, der sich mit den Prozessen beschäftigt, die dem Denken, Erleben und Verhalten im sozialen Raum zugrunde liegen. Diese soziale Interaktion im Raum lässt sich auch auf das autonome Fahren übertragen. In Bezug auf die soziale Kognition muss die Frage geklärt werden, wie sich der Wegfall der sozialen Interaktion auswirkt.

Uwe Seidel von der Begleitforschung AUTONOMIK für Industrie 4.0 stellte abschließend den konkreten Zusammenhang mit dem Technologieprogramm AUTONOMIK für Industrie 4.0 her und präsentierte Ju-RAMI 4.0. Das Referenzmodell ermöglicht es, rechtliche Risikobereiche, Schädigungen und Gefährdungen über den gesamten, vernetzten Wertschöpfungsprozess einzuordnen. Dank „Ju-RAMI 4.0“ sollen künftig auch juristische Laien wie zum Beispiel Entwickler einschätzen können, welche juristischen Rahmenbedingungen sie bei ihrer Entwicklung beachten müssen. Die Weiterentwicklung des Modells soll auf einem der nächsten internationalen Rechtsworkshops präsentiert werden.