ExpliCareNEXT
Entwicklung eines erklärenden Kl-basiert-kontextadaptiven Systems zur Handlungsanleitung von ungelernten Kräften in der häuslichen Pflege
Kurzbeschreibung |
Das Ziel des Projekts ExpliCareNEXT ist die Reduzierung der Arbeitsbelastung von Pflegekräften und die Verbesserung der Pflegequalität durch den Einsatz moderner IT-Technologien. Der Fokus liegt auf der Vereinfachung der Pflegeprozesse durch ein KI-basiertes Assistenzsystem. Das System nutzt Smart Home- und Kontextinformationen, um den Unterstützungsbedarf zu erkennen und anlassbezogene Pflege zu ermöglichen. Zentrale Komponenten des Systems sind eine mehrsprachige Spracherkennung und -synthese, die Einbindung von Chatbots und die Erkennung von Alltagssituationen durch Sensoren. Diese Technologien ermöglichen auch ungelernten Kräften die Ausführung bestimmter ambulanter oder häuslicher Pflegetätigkeiten in gesicherter Qualität. Pflegedienste erhalten darüber hinaus bessere Informationen für die eigene Planung beim Einsatz von Pflegepersonal. |
Herausforderung und Innovation
Derzeit sind rund fünf Millionen Menschen auf Pflege angewiesen, wobei 80 Prozent der Leistungen von Angehörigen und ambulanten Pflegediensten übernommen werden. Bis 2035 wird ein Mangel von ca. 500.000 Pflegekräften erwartet, der kompensiert werden muss. Deshalb werden von Pflegekräften akzeptierte Assistenzsysteme immer wichtiger. Sie vereinfachen Pflegeprozesse, und die Fachkräfte können sich auf die Interaktion mit und die Pflege von Menschen konzentrieren, anstatt neue Kolleg:innen immer wieder aufwändig einarbeiten zu müssen.
Aufgrund des großen Bedarfs müssen viele Quereinsteiger:innen schnell und effizient zu wirksamen Pflegekräften ausgebildet werden. ExpliCareNEXT bietet eine KI-basierte Assistenzlösung für die ambulante Pflege, die Pflegekräfte in Echtzeit unterstützt und ihre Kompetenzen entwickelt. Diese Lösung ist auf verschiedenen Endgeräten nutzbar, wie z.B. Handys, Tablets oder Sprachassistenten.
Das Assistenzsystem wird gemeinsam mit den Nutzer:innen entwickelt, um eine praxisrelevante Mitgestaltung zu gewährleisten. Ziel ist es, eine natürlichsprachliche Anwendung zu entwickeln, die Berührungsängste gegenüber Technologien abbaut und eine akzeptierte, praxistaugliche Anwendung bietet.
Ein Beispiel: Wenn eine Pflegekraft eine ältere Person bei der Dekubitusversorgung unterstützen muss, liefert das System Schritt-für-Schritt-Anweisungen wie etwa „Untersuchen Sie die Haut auf Rötungen“, „Achten Sie besonders auf Stellen, die oft Druck ausgesetzt sind, wie Fersen, Kreuzbein und Hüften“ und „Legen Sie die Person so um, dass die betroffene Stelle entlastet wird. Verwenden Sie, wenn möglich, spezielle Lagerungshilfen oder Kissen.“ Durch diese klaren Anweisungen können auch ungelernte Pflegekräfte sicherstellen, dass z.B. die Dekubitusversorgung korrekt und sorgfältig durchgeführt wird. Das ExpliCareNEXT-System trägt somit dazu bei, dass die Pflegequalität durch den Einsatz moderner Technologien und präzise Handlungsanleitungen trotz Fachkräftemangels gewährleistet wird. |
Der Pflegebedarf wird aus Daten der Pflegedokumentation und Sensorendaten aus der Wohnumgebung abgeleitet. Basierend auf diesen Daten werden Handlungsoptionen und -anleitungen in verschiedenen Sprachen erstellt. Durch die Implementierung von erklärbarer KI (XAI) wird das Vertrauen und das Verständnis der Nutzer:innen gestärkt. So werden die Pflegekräfte sowohl im Pflegealltag als auch bei der Einarbeitung von Quereinsteigern entlastet.
Anwendung und Nutzen
Im Rahmen der Entwicklung des Assistenzsystems entstehen verschiedene Dienste und Komponenten, die in das SmartLivingNEXT-Ökosystem integriert und darüber nutzbar gemacht werden sollen. Dazu gehören Sprachverarbeitung in mehreren Sprachen, Chatbot-KI sowie die Erkennung von Alltagsaktivitäten (ADL-Erkennung). Das Projekt sieht eine gründliche Bewertung der Leistung des Systems und seiner Dienste in der praktischen Anwendung vor, sowohl technisch als auch nutzendenzentriert.
Die Evaluation beginnt in Laborumgebungen und wird anschließend im realen Alltag fortgesetzt. Dabei wird das System hinsichtlich seiner Funktionalität, Zuverlässigkeit und Benutzerfreundlichkeit getestet. Basierend auf den Ergebnissen werden Anpassungen und Optimierungen vorgenommen, um sicherzustellen, dass das System den Anforderungen und Bedürfnissen der Nutzer:innen gerecht wird.
Vorteile durch ExpliCareNEXT
Ohne ExpliCareNEXT | Mit ExpliCareNEXT |
Das Pflegepersonal kann den Unterstützungsbedarf oft erst erkennen und bedienen, nachdem relevante Ereignisse eingetreten sind oder wenn die Pflegebedürftigen den Bedarf direkt kommunizieren (reaktive Pflege). | Das Assistenzsystem ermöglicht eine zielgerichtete, individuell zugeschnittene und vorausschauende Pflege. Es erkennt den Unterstützungsbedarf in der Wohnumgebung und übermittelt ihn frühzeitig an das Pflegepersonal. Die KI des Systems gibt darüber hinaus Informationen zu Alltagsablauf und Alltagkompetenz der zu pflegenden Personen aus, die eine situative Anpassung der Pflege zulassen. |
Das pflegende Fachpersonal muss viel Zeit für die Einarbeitung von neuem Personal aufbringen und hat daher weniger Zeit für die Pflege bzw. die Interaktion mit den zu pflegenden Personen selbst. | Verbesserte Versorgung durch Vereinfachung des Einarbeitungsprozesses von neuem Personal. Durch die Vereinfachung steht mehr Zeit für die eigentliche Pflege bzw. die Interaktion mit den zu pflegenden Personen zur Verfügung. |
Leitende Fachkräfte sind oft im Hinblick auf eine schnelle, der Situation angemessenen Entscheidungsfindung überfordert, da spezifische Informationen fehlen. | Verbesserte und vereinfachte Entscheidungsfindung durch eine Situationserkennung und nachvollziehbare Handlungsempfehlungen des Assistenzsystems. |
Wenig bis keine personalisierte Echtzeit-Unterstützung von Pflegekräften vor Ort. | Echtzeit-Unterstützung von Pflegekräften vor Ort, die sich an vorhandenen Expertenstandards, den individuellen Sprachkenntnissen sowie der vorliegenden Situation orientiert. |
Sprachverarbeitungsdienste, Chatbot-KI-Komponenten sowie Dienste zur Alltagserkennung (ADL) werden im SmartLivingNEXT-Ökosystem bisher noch nicht angeboten. | Teilnehmende des SmartLivingNEXT-Ökosystems können auf Sprachverarbeitungsdienste, Chatbot-KI-Komponenten sowie Dienste zur Alltagserkennung (ADL) zugreifen und sie nutzen. |
Projektpartner
Stella Vitalis GmbH, Hochschule Ruhr West, Hochschule Niederrhein, Anasoft Technology AG, Ruhr-Universität Bochum
Konsortialleitung
inHaus GmbH